Burgruine Haineck
Die Haineck, welche wahrscheinlich zu den letzten in Thüringen erbauten mittelalterlichen Burgen zählt, wurde oberhalb von Nazza, etwa 1 km nördlich des Dorfes, auf die auslaufende Zunge eines Hainichhöhenzuges gesetzt, wobei ihr nördlicher Rand direkt an den steil zum Nazzaer Tal abfallenden Hang liegt.
Sie soll durch Landgraf Balthasar um 1392 als Schutzburg gegen die räuberischen Übergriffe der Eichsfelder und Mühlhäuser errichtet worden sein. Sie sicherte als Eckpunkt eines Landwehrsystems die Nord-West-Grenze der Landgrafschaft Thüringen gegen die Besitzungen der Mainzer Erzbischöfe
Die Burg wurde in fünfeckiger Gestalt, im Grundriss diagonal gegen die Himmelsrichtung gestellt, errichtet. Die benötigten Steine brach man gleich aus dem Burggraben. So ergab sich gleich der umlaufende Graben, der an manchen Stellen eine beachtliche Breite von 10 Metern erreicht. Außen und innen errichtete man stabile Mauern, die dann mit losen Steinen, Bauschutt, Kalk und Mörtel verfüllt wurden. Auf diese Weise entstand eine sehr widerstandsfähige Mauer, bis zu 2 Meter stark, die auch den damals bereits bekannten Feuerwaffen Schutz bieten konnte. Die Burgmauern waren teilweise 8 - 10 Meter hoch.
Es gibt wenige Fensterhöhlen auf der Westseite. Der gut erhaltene westliche, ursprünglich kleinere Turm wölbt sich mit einer halben Rundung über eine Mauerecke. Seine Höhe von etwa 18 Metern ( vor der Restaurierung ), verbunden mit einer beachtlichen Mauerstärke sowie mit einer umlaufenden Kampfplattform stellten jedoch ein wichtiges Bollwerk in der Gesamtverteidigung der Burg dar. Der Turm überragte das Mauerwerk noch um gut 4 Meter. Der Eingang in der Mitte der Steinmauer für den Weg ins Innere scheint das Produkt einer Restauration um 1840 zu sein. Man vermutet den ursprünglichen Zugang an anderer Stelle.
Die Nordwand besitzt im Bereich des oberen Mauerabschlusses drei stark zerstörte Fenster, an der besser erhaltenen Südwand kann man fünf solcher Fenster erkennen. Gegenüber der höher gelegenen Ostvorburg laufen die Mauern spitz aufeinander zu. In dessen Schnittpunkt erhebt sich der zweite Burgturm, früher sicher der große Turm. Von seiner Größe ist nichts mehr zu sehen. Heute ragt er nicht mehr über die Außenmauern hinaus und ist nur von innen als Turm zu erkennen.
Es wird vermutet, dass im Inneren der Burg eine ausgeklügelte Holzkonstruktion gestanden haben muss. Möglicherweise reichten die Holzbauten bis weit in die Mitte des Hofes, eine gänzliche Überbauung wird nicht angenommen. In den unteren Räumen könnten sich Ställe, Vorratsräume und die Knechtkammern befunden haben. Die Fensterreihe im oberen Teil der Mauern, Kaminreste bzw. Erkerbauten lassen dort Wohnräume vermuten. Als oberer Abschluss entlang des Mauerrandes wird noch ein umlaufender Wehrgang angenommen, welcher mit den beiden Türmen und Söllern an der Nord- und Ostecke der Burg in Verbindung stand. Die Bebauung der Burg ließ in der Mitte, vom Tor ausgehend, und vielleicht bis zum großen Turm reichend, einen kleinen Hof frei. Dort muss sich das alltägliche Leben abgespielt haben. Vielleicht gab es auch eine Zisterne für das dringend benötigte Trinkwasser. Ein Brunnen ist auf Haineck nie vermeldet, auf einer solch kleinen Anlage auch nicht anzunehmen.
Die Haineck war als Grenz- und Kontrollburg entstanden, was sich auch in den bautechnischen Maßnahmen niederschlug. Als Beobachtungsposten im Auftrage der Landesherren gegründet, sollte sie nicht als eigentliche Herrenburg dienen. Deshalb verzichtete man auf die in Herrenburgen notwendigen umfangreichen Stallgebäude, Scheunen und Werkstätten. Die auf Haineck eingesetzten Burgritter sollten nicht die Dörfer beherrschen, sondern als militärischer Vorposten die Grenzen bewachen.
Mit dem Bau der Haineck entstand auch das Landwehrsystem. Die Landwehren sollten das „wilde“ Passieren der Grenze verhindern und vor allem die Kaufleute zwingen, die Straßen und damit die dortigen Zoll- und Geleitstellen zu durchfahren.
Durch die ständige Geldnot und Verschuldungen kam es im Jahre 1421 zur ersten Verpfändung der Haineck. In den nächsten Jahren wechselte die Burg immer wieder ihren Besitzer bis sie schließlich in die Hände der Herren von Hopffgarten kam. Zum Herzogtum Gotha gehörend, bildete Haineck nun für die nachfolgenden 300 Jahre eine eigene Herrschaft. Nazza bildete zusammen mit Hallungen, Frankenroda, Ebenshausen, Lauterbach und Neukirchen eine Exklave im Eisenacher Gebiet der Weimarer Herzöge.
In den Jahren nach dem Bauernkrieg verließen die Ritter die Burg Haineck und zogen in das Schloss in Nazza, wobei sie wahrscheinlich noch nicht ganz aufgegeben wurde. Nach und nach begann die Burg zu verfallen, soll aber oft als Zufluchtsort gedient haben.
In den 1990er Jahren erwachte die Burg aus ihrem Dornröschenschlaf. 1992 feierte die Haineck ihren 600. Geburtstag, welcher im großen Stil gefeiert wurde. Das ganze Dorf war auf Beinen und die alten Gemäuer waren in aller Munde. Noch im gleichen Jahr gründete sich der Burgverein, mit dessen Hilfe die vom Verfall bedrohten Überreste der Veste bewahrt werden sollten.
Seit dieser Zeit hat sich die Burganlage dank des unermütlichen Engagements des Burgvereins und des damaligen Bürgermeisters Hilmar Kapp von einer verfallenen und unansehnlichen Ruine zu einem wahren Schmuckstück verwandelt. Aus dem Westturm entstand ein Aussichtsturm. Eine Außentreppe führt heute in das Turminnere. Dort gelangt man über eine Wendeltreppe nach oben, wo sich dem Betrachter ein wunderschönes Panorama zum Thüringer Wald, über den Hainich bis ins Eichsfeld bietet.
Viele Begegnungen finden heute in den alten Gemäuern statt. Zu Himmelfahrt pilgern Groß und Klein zur Burgruine, um dort den schon zur festen Tradition gewordenen Himmelfahrtsgottesdienst zu feiern. Mehrfach geben sich Brautpaare das Ja-Wort und Familien verbringen hier mit ihren Kindern ganze Wochenenden. Geschlafen wird in Zelten und gekocht am Lagerfeuer – Natur pur erleben - das alles ist heute mit Absprache in der alten Burgruine Haineck möglich. Ansprechpartner: Burg- und Heimatverein Nazza e.V. - Sebastian Fischer - Tel : 0173 4984950
Zeittafel der Burgruine Haineck
Um 1385
Baubeginn auf Veranlassung des Landgrafen Balthasar
1389
Der Mainzer Vogt Gebhard von Hardenberg wird bei Dorla vom Amtmann der Creuzburg gefangen genommen. Danach wird die Grenze zum Eichsfeld weiter befestigt.
1391
Friedrich von Wangenheim nennt sich "Von Hayne", wahrscheinlich war er der erste Burgritter.
1392
Für dieses Jahr vermeldet der Eisenacher Chronist Johannes Rothe den Bau der Haineck. Eisenacher Handwerker waren am Bau beteiligt. Der Ratsmeister Pinkernagel schlägt den letzten Baunagel ein.
1403
Erstmals wird die Haineck in Urkunden des Landgrafen erwähnt.
1415
Friedrich von Wangenheim und sein Sohn Jakob erhalten das Dorf Wiegleben wegen der "Haltung des Schlosses Haineck" verschrieben.
1416
Hans und Wetzel von Creuzburg, Vögte auf der Haineck.
1421
Verpfändung der Burg an den Marschall von Harras.
1425
Friedrich von Hopfgarten und Jakob von Wangenheim erhalten die Burg von Albert von Harras überschrieben.
1426
Erste Erwähnung der Landwehr über den Fuchsberg. Die Herren von Creuzburg werden als Vögte auf Haineck erwähnt.
1437
Claus und Hans von Wangenheim besitzen die Burg allein als Pfand. Ein "Zwinger vor der Burg" wird erwähnt.
1448
Claus von Wangenheim überläßtdie Burg mit Zustimmung des Herzogs für drei Jahre an den Grafen Heinrich von Henneberg.
1451
Vergebliche Belagerung der Burg während der Apel Vitztumschen Fehde.
1454
Ein Herr von Seidingen wird vom Kurfürsten als Amtmann auf Haineck eingesetzt.
1460
Thilo von Seebach erhält das Amt Haineck für 800 Gulden.
1475
Berlt von Ütterodt folgt im Pfandbesitz.
1485
Bei der Landesteilung fällt die Burg wieder an die ernestinische Linie der Wettiner.
1503
Die Familie von Hopfgarten erhält Haineck für 10 Jahre als Pfand.
1513
Nach Ablauf der Pfandzeit werden die Hopfgarten mit der Haineck belehnt. Baumaßnahmen auf der Burg.
1525
Die Bauern des Hopfgartenschen Amtes beteiligten sich am Bauernkrieg und müssen nach ihrer Niederlage 760 Gulden Strafgelder zahlen.
1551
Älteste Jahreszahl am Nazzaer Schloss der Hopfgarten. Hinrichtung des Nazzaer Wiedertäufers Hans Bach nach einem Urteil des Hopfgartenschen Gerichtes
1570
Der Zerfall der Burg beginnt, nachdem die Herren von Hopfgarten das Talschloß bevorzugen.
1618-48
Nazzaer Bauern nutzen die Burg als Zuflucht während des 30jährigen Krieges.
1640
Bayrische Söldner belagern die Burg vergeblich. Dabei wird der Nazzaer Bauer Harseim erschossen.
1681
Die angebliche Hexe Barbara Hager wird nach dem Urteil des Hopfgartenschen Gerichtes im Lotzengrund unterhalb der Burg verbrannt. Im 18. Jahrhundert: Die Burg dient als Steinbruch für die Nazzaer Bauern, zeitweise auch als Versteck für Räuberbanden und Zigeuner.
1835
Burg Haineck kommt in Gemeindebesitz.
1837
Die Gothaer Herzöge erhalten Haineck.
1840
Ausbesserungsarbeiten auf Veranlassung des Herzoges.
1845
Haineck kommt als Geschenk des Herzogs wieder an die Hopfgartens zurück. Letzter Besitzer: Schloßhauptmann Wilhelm Heinrich von Hopfgarten.
1992
600 - Jahrfeier der Burgruine
1996
Die Burg und das umliegende Waldstück wird von der Gemeinde käuflich erworben.
1997
Beginn der umfangreichen Sanierungsarbeiten.
2000
Die Sanierung der Ost-, Nord- und Westmauer sowie des Westturmes ist abgeschlossen. Der Turm ist zu einem Aussichtsturm umgebaut.
Zeittafel und Textauszüge aus „600 Jahre Burg Haineck“ von Rainer Lämmerhirt